Goethe in Waldbröl
Literaturkurs der Gesamtschule spielt „Faust“
„So kann man Goethe doch nicht verunstalten!“, empört sich Yannick Appel. „Aber hier sind Schüler im Publikum – die verstehen doch den Faust sonst gar nicht!“, erwidert Vanessa Bellingen. Und Nina Coppola stimmt ihr zu: „Außerdem ist es doch gar nicht so schlimm.“ Mit dieser Metaperspektive, einer Abwandlung des Vorspiels, welches Johann Wolfgang von Goethe selbst seinem Drama voranstellte, eröffnet der Literaturkurs der Q1 der Gesamtschule seine Aufführung in der Aula des Schulzentrums. Und „schlimm“ findet diese Aufführung am Abend niemand. Im Gegenteil: Am Ende erklingt tosender Applaus für die Schülerinnen und Schüler, die ein grandioses Theaterstück auf die Beine gestellt haben.
“Faust” – mit vollem Titel “Faust – Der Tragödie erster Teil” ist ein Drama aus dem Jahr 1808. Die Tragödie spielt in Deutschland im Spätmittelalter und handelt von dem Wissenschaftler Heinrich Faust, der stetig nach neuem Wissen strebt und dabei unfähig ist, sein Leben zu genießen. Aus diesem Grund schließt er einen verhängnisvollen Pakt mit dem Teufel und verspricht diesem seine Seele.
In der Fassung des Literaturkurses wird Faust anfänglich in Dreifachbesetzung gespielt. Gekonnt geben die Schauspieler dem Charakter des hadernden Wissenschaftlers verschiedene Akzentuierungen. So wirkt Faust in der Interpretation der Schauspieler teilweise resignativ, dann wieder entnervt und schließlich sogar wütend. Er hadert mit sich und der Welt und lässt sich dabei auch nicht von seinem Gehilfen Wagner, einem Lebemann und, im Gegensatz zu Faust, jemand, der im Kontakt mit anderen Leuten aufblüht, aufmuntern.
Als Resultat einer Wette zwischen Gott (hier grandios herrschaftlich verkörpert von Sophia Schlechtriem) und dem Teufel, wie Faust facettenreich in Dreifachbesetzung gespielt, soll Faust in Versuchung geführt werden. Letztendlich gibt der Protagonist der Versuchung nach. Faust, nach seiner Metamorphose nun spürbar selbstbewusster und dynamischer verkörpert von Leandro Haubold, widmet sich von nun an „niederen Gelüsten“, hier personifiziert in der naiv-kleinbürgerlichen Margarethe, genannt Gretchen, die dem Charme des „neuen“ Faust schon bald verfällt.
Als Faust im Affekt, motiviert von Mephisto, Gretchens Bruder tötet, spitzt sich die Situation um das junge Pärchen immer mehr zu, bis es am Ende keinen Gewinner mehr unter den Beteiligten gibt.
Dies gilt allerdings nicht für das am Abend anwesende Publikum. Als der letzte Vorhang vor dem verzweifelten Gretchen fällt, erhebt sich der Saal zu stehenden Ovationen. Alle sind sich einig, dass die Schauspieler und Texter eine grandiose Aufführung auf die Bühne gebracht haben. Auf dieser bedanken sich indes alle Beteiligten bei ihren Kurslehrern Karime Gaibur und Ole Reinsch, die die Schüler mit viel Inbrunst und Detailversessenheit zu Höchstleistungen angetrieben haben, und damit mitverantwortlich für eine in allen Belangen gelungene Veranstaltung zeichnen.